Anfang November 1949 erblickte ich in meinem Elternhaus in Eschenmosen bei Bülach das erste mal die Welt. Die sah zu dieser Zeit sehr einfach aus und die Eltern hofften, dass ich endlich der Letzte sein werde. Ja es blieb dann wirklich dabei und ich durfte die sechs älteren Geschwister bewundern. Ein Bruder verlor ich leider, bevor ich wusste, dass ich auch noch zur Familie Menzi stossen werde.
Ich genoss das Leben auf dem Lande in vollen Zügen, die Freiheit war schier unendlich. Die Eltern hatten mit Arbeit und Kinder alle Hände voll zu tun. Etwas ernster wurde die Situation, wenn ich bei der Arbeit helfen sollte, da hörte der Spass auf.
Ich freute mich, bis ich auch zur Schule durfte, doch die Freude währte nicht so lange, da wurde die Freiheit schön eingeschränkt. Der Lehrer wusste ja so viel über die alten Römer und fand haufenweise Fehler in der Rechtschreibung. Meine Noten wollten nie so richtig Eindruck erwecken, da konzentrierte ich mich lieber auf das Basteln mit Freunden in der Werkstatt oder im Hüttenbau im Wald.
Nach acht Schuljahren wurde ich entlassen, aber da war ich noch zu jung für eine Berufslehre. Und da mein Schwager verunglückt war, durfte ich zu Hause meine Sachen packen und meiner Schwester und einem Knecht helfen, den Bauernhof weiterzuführen. Nach einem Jahr als Junior Knecht konnte ich wieder nach Hause, meine Mutter hatte sich in der Zwischenzeit nach einer Lehrstelle für mich umgesehen.
Sanitär-Installateur war nicht mein Traumberuf, aber mit der Zeit gefiel mir das selbständige Arbeiten und weit weg vom Chef zu sein. Die Gewerbeschule war so auch gut zu bewältigen und es blieb mir viel Zeit zum basteln. Es musste etwas mit Motoren und Räder sein, das schien für mich sehr wichtig, ja nicht zu viel Sport. Mit solchen gebastelten Gefährten fuhren meine Freunde und ich die Feld- und Waldwege ab, die Polizei war ja so weit weg.
Berufslehre erfolgreich beendet, Motorrad, Kabinenroller und Autofahren ausprobiert. Das Militär wollte mich, trotz meiner Abneigung gegen diesen Verein. Aber es kam anders, eine Woche vor der militärischen Ausbildung erkrankte ich an einer Grippe und stürzte mit Fieber zu Hause eine Treppe hinunter. Völlig ausser Betrieb, kam ich in das Kantonsspital Zürich, danach ins Paraplegikerzentrum in Basel. Es blieb dabei, ich wurde 1970 als Tetraplegiker in die Unfreiheit entlassen.
Frisch volljährig durfte ich wählen zwischen Altersheim und Geriatrische Abteilung im Spital Bülach oder Triemli Zürich. Ich wählte der Reihe nach das Zweite und Dritte. So hatte ich mir das Leben mit Rädern nicht vorgestellt. Kleiner Trost, als jüngster Pflegefall, erlebte ich viele schöne Kontakte, die zum Teil bis zum heutigen Tag Bestand haben.
Vier Jahre später zog ich wiederum nach Basel, da wurde ein neues Projekt gestartet. Einige junge Behinderte und junge Pflegeleute in einem familiären Arbeits- und Pflegeheim. Da lernte ich meine heutige Frau kennen. Die Versicherung übernahm die Kosten für Umschulung, dass ich etwas arbeiten konnte. So arbeitete ich mich durch einige Fachgebiete, doch immer wieder stiess ich an Grenzen. Die Leute erwarten, dass Behinderte unterwürfige Menschen sein sollten, das konnte ich nicht erfüllen.
Meine Frau und ich zogen 1975 in eine gemeinsame Wohnung. Ende 1978 heirateten wir standesamtlich und 1982 erhielten wir eine lebhafte Tochter. Im gleichen Jahr konnten wir unseren lang gehegten Wunsch nach einem geräumigen Einfamilienhaus erfüllen. Die Jahre vergingen im Flug, dass ich es heute an den Jahreszahlen meine Zweifel hege.